Ja, da hatte der Herr Goethe so recht!
Was nutzt es die Welt zu bereisen, wenn das was vor der Haustür
liegt im Verborgenen ruht?
Aber erst mal möchte ich mich hier mit Trommelwirbel zurückmelden! Lange ist mein letzter Eintrag her. Oft habe ich überlegt, wie ich wieder anknüpfen könnte. Fehlt mir doch meist die Zeit für große Nähprojekte. Letztendlich werden die meisten Leser sich anderen Dingen zugewandt haben, wenn man nicht am Ball bleibt. Aber seid versichert, auch wenn ich hier nichts geschrieben habe, so habe ich mich doch mit der Zeit und und den schönen Dingen dieser Zeit beschäftigt.
Nun ich möchte euch heut mitnehmen auf meine eigene kleine Reise in die empfindsamsten Winkel meiner fast schon Nachbarschaft.
Ich muss gestehen, bis vor einem Jahr war ich noch nicht an diesem Ort gewesen noch bin ich selbst drauf gestoßen. So liegt er nur zehn Autominuten von mir entfernt. Da schwärmte ich so groß und breit von Weimar und war doch blind, was fast schon vor meinen Füßen lag.
Meine liebe Freundin Bettina, die ich hier hochachtungsvoll
erwähnen möchte, brachte mich letztes Jahr in dieses Tal.
Ich
war sofort verliebt! Wie konnte ich all die Jahre so etwas schönes
übersehen haben? Letzte Woche fiel mir dann ein Buch in die Hand und
ich möchte euch gern eine Beschreibung schildern, die 1915 schon
eine junge Frau zu diesem schönen Tal machte.
„Hier hauste Königin Melancholei. Über zerfallenen Gedenksteinen mit kaum lesbarer Inschrift weinten die Bäume, kaum dass ein verträumtes zwitschern an mein Ohr drang. Aber was mich selbst, da ich als junger Mensch zum ersten Male dieses Tal besuchte, mit so wunderbarer Gewalt ergriff und nie wieder losgelassen hat, das ist doch dies: aus dieses Denkmälern und Inschriften spricht noch heute lebendiges Herz. […] Wir danken Ihnen, das Tal dankbar, sinnend und schonend durchwandernd, für dieses dargestellte Leben, das uns heute ergreift und erwärmt.“
Quelle: Stapp Verlag Berlin – Führer durch das Seifersdorfer Tal
Die Rede ist von dem Seifersdorfer Tal. Der Park ist einer der frühesten Landschaftsgärten Deutschlands und wurde von Christina von Brühl über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten ab 1781 gestaltet. Der größte Teil der Gartenszenen entstand bis 1791.
Christina von Brühlhttps://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/Z5OTNKENCBWPXOW6RJ62MJZAP5DD6YJY
Unser kleiner Rundgang durch das Tal beginnt natürlich am Parkplatz. Dort lassen wir die neue Zeit hinter uns und können schon einen ersten Eindruck über die Außmaße des Parks nehmen.
Von hier führt eine Ebereschenallee in das Tal, dies ist der entschleunigende Weg, es gibt noch eine Zufahrtsstraße, die wir jediglich für den Rückweg genutzt haben.
https://www.meinsachsen.net/gallery/273/030-ebereschenallee-ins-seifersdorfer-tal-201505.html
Nach wenigen Gehminuten wird man vom Wald umschlossen, der Pfad scheint einen immer tiefer in den Wald zu führen. Er windet sich aufwärts und fällt zur linken Seite steil ab und dann tritt man wieder ins Freie. Auf einer Anhöhe steht ein holer Baumstumpf, von dem man nur erahnen kann welch stattliche Eiche er mal gewesen sein muss.
Von Kupferstich von J. A. Darnstedt, 1792 - Wilhelm Gottlieb Becker: Das Seifersdorfer Thal. Leipzig : Voß und Leo, 1792, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=20604068 |
Eine Anspielung auf die Varusschlacht im Jahre 9 nach Christus. Leider Schlug ein Blitz im Jahre 1930 in die Eiche ein, von der heut nur noch ein morscher Stumpf vorhanden ist.
Wir wenden uns aber nach links, dort führt der Pfad über holprige und stark zerklüftete Stufen ins Tal. Der Abstieg ist schon ein kleines Abenteuer, da man mit jedem Schritt wegzurutschen droht.
Unten angekommen verbindet sich der Pfad mit der Zufahrtsstraße und wir gehen Richtung Marienmühle, die heute einen Gaststättenbetrieb beherbergt.
Daran vorbei, gelangt man über eine Holzbrücke zu einer freien Lichtung, die in heutiger Zeit als Festwiese dient.
Im Jahr 1824 setzten Graf Carl und Johanna von Brühl ihren Eltern ein Denkmal in Erinnerung an den zwischenzeitlich verfallenen Pavillon, unter dem die ländlichen Feste auf dieser Wiese stattfanden. | |||||||||
Von Kupferstich von J. A. Darnstedt - Wilhelm Gottlieb Becker: Das Seifersdorfer Thal. Leipzig : Voß und Leo, 1792, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=23615694 | |
- willst, oh Sohn du das Meer des gefährlichen Lebens
- Froh durchschiffen und froh landen im Hafen dereinst:
- Laß, wenn Winde dir heucheln, dich nicht vom Stolze besiegen!
- Laß, wenn Sturm dich ergreift, nimmer dir rauben den Muth!
- Männliche Tugend sei dein Ruder, der Anker die Hoffnung;
- Wechselnd bringen sie dich durch die Gefahren ans Land
Sie ist das Denkmal des jungen Grafen von Brühl, von seinen Eltern 1791 zum Geburtstag gewidmet.
Der Weg führt weiter an eine Holzbrücke die uns an die andere Seite des Ufers lockt.
Die Röder plätschert fröhlich vor sich hin und es bewegt mich sehr, dass dieses kleine Gewässer einige Kilometer zuvor direkt an meinem Haus vorbei fließt.
Am anderen Ufer blicken wir auf das Denkmal des Ministers Graf Heinrich von Brühl.
Von Kupferstich von J. A. Darnstedt - Wilhelm Gottlieb Becker: Das Seifersdorfer Thal. Leipzig : Voß und Leo, 1792, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=23616631Der mit Zink beschlagene „Prunksarg“ aus Eichenholz mit der Inschrift Manibus patris (lat., dt.: „dem Andenken des Vaters“), der auf dem noch vorhandenen Sockel aufgebaut war, ist nicht mehr erhalten, ebenso wenig wie die Einhegung. Die Inschriften auf dem Sockel lauten:
- Memorabili oblito. Erex. Maur. com. a. Brühl, ao. 1782 d. 26. Jul. (lat., dt.: „Dem, dessen Andenken besudelt ward, und der doch gedenkwürdig ist. Errichtet von Moritz Grafen von Brühl am 26. Juli 1782.“)
- Unsterblich und doch des Todes Raub.
- Urit enim fulgore suo, qui praegravat artes Infra se positas. Extincus amabitur idem. (lat., dt.: „Der Leuchtende verbrennt zwar die Menschen mit ihren Künsten, die unter ihm stehen, und drückt sie nieder, aber nach seinem Tod wird er dennoch verehrt werden.“)
- Grand par ses dignites, mais plus grand par lui meme (franz., dt.: „Groß durch seine Würden, noch größer durch sich selbst.“)
Wenden wir uns jetzt nach Rechts so gelangen wir zum Denkmal den freundlichen Pflegern des Tales.
Es enthält diese Inschrift:
Noch wandeln sie, die diese Stätte schufen, in diesen Schatten. Jeder Welthauch bringt den frommen Kindern und den Kindeskindern, die diesen Denkstein setzten, Geistergruß.
Auf der anderen Seite:
- Die Stätte, die ein guter Mensch betrat
- Ist eingeweiht: nach hundert Jahren
- Klingt sein Wort und sein That
- den Enkeln wieder
Das Denkmal wurde von Carl von Brühl und seine Frau Johanna 1824 gesetzt.
Nun gehen wir den Weg zurück und gerade aus weiter zum Herder-Denkmal. Hier überagen die Bäume den Ort und man sieht Herders Büste auf die Röder blicken.
Von Kupferstich von J. A. Darnstedt - Wilhelm Gottlieb Becker: Das Seifersdorfer Thal. Leipzig : Voß und Leo, 1792, CC0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=23616581
Das Herder-Denkmal ist eine Büste Herders in Eisenguss auf einem schlanken hohen Sockel, der folgende Inschrift trägt:
- Des Menschen Leben beschränkt ein enger
- Raum
- Ein engerer beschränkt seinen Sinn,
- Sein Herz der engste. Um sich her zu
- sehen,
- Zu ordnen, was man kann, unschuldig zu
- Genießen, was uns die Vorsicht gönnt,
- Und dankbar froh hinweg zu gehen:
- Das ist des Menschen Lebensgeschichte,
- Nicht Idee, es ist Gefühl.
Da es keinen Rundweg gibt, so gehen wir den Weg zurück und wieder links über die Brücke zurück zur Festwiese. Dann geht es in einem schmalen Pfad links den Hang hinauf. Der Anstieg ist teilweise steil, aber nach dieser kurzen Wanderung erblicken wir das nächste Denkmal.
Die Bergquelle schöpfe Schweigend nutzte ein noch heute vorhandenes Gerinne,
das durch eine aus großen Felsbrocken aufgebaute Grotte fließt, auf der
ein behauener Stein mit einer eingemeißelten Inschrift angebracht ist.
- Schöpfe schweigend! – Warum? – Nun so
- schöpfe nicht
- Warum nicht? – Nur dem stillen Genuß
- ström’ ich erquickender Trank.
Vor der Grotte befindet sich ein ovales Becken, in dem das Wasser aus dem Gerinne aufgefangen wird. Früher war die Inschrifttafel von Marmor umrahmt, mit Gefäßen bekrönt und von zwei Putten und Moosbänken flankiert. Auf dem Sims der Quelle befand sich ein Becher mit der Inschrift Was ich bin, warst du, und wirst du – Erde.
Kaum noch vorstellbar, wie es damals muss ausgesehen haben, was muss das für ein wunderschönes Tal gewesen sein. Aber es hat dennoch nichts von seinen Zauber verloren, denn er hat mich in seinen Bann gezogen!
Weiter geht unser Spaziergang zu einem Obelisken. Er ist dem Grafen Hans Moritz von Brühl gewidmet und trägt die Inschrift:
Heil Ihm! Der gütig an uns denckt,
Wie Vater an den Sohn,
Der liebent sorgt, uns Freuden schenkt,
Danck Ihm und Gottes Lohn.
Wohl uns des Grafen, den wir ha'n.
Er ist gut Herr und braver Mann.
Wir treten keck zu Ihm heran,
Denn Er hat keinen Stachel.
Groß ist Er durch ein Ahnen-Heer,
Doch ist Ers durch Sich selbst noch mehr.
Verstand und Tugend hält Er höh'r,
Als Scepter, Schätz' und Titel
Er leibt Sein Weib und Kind gar sehr,
Ist fromm und gute wie keiner mehr,
Bricht jedem Hungrigen sein Brot,
Fühlt fremden Schmertz und fremde Noth.
Der Obelisk steht auf einem künstlichen Hügel, umsäumt von vier Eichen, eine davon ist noch zur Zeit von Christina von Brühl gepflanzt worden.
Nun wandern wir den Weg ein Stück zurück und gelangen an die Röder, hier führt neben einer Brücke ein kleiner Pfad wieder in den Wald.
Fast schon verschwundene Steinstufen führen eine kleine Anhöhe hinauf.
Dieses Denkmal ist Anna Amalia gewidmet. Sie übernahm von 1758 bis 1775 die Regentschaft für die Herzogtümer Weimar und Eisenach.
Das Denkmal ist ein kleiner, etwa zwei Meter hoher steinerner klassizistischer Tempietto,
der jetzt aus einer Ansammlung sehr großer Feldsteine herausragt. Am
Ende des 18. Jahrhunderts stand er mitten auf einer Wiese, die von hohen
Bäumen umgeben war.
Der Tempietto zeigt an seiner Vorderansicht kannelierte Pilaster, die ohne Kapitell an einem vorspringenden Gesims enden. Nach oben schließt der Tempietto mit einer kleinen Attika ab. Er bildet eine Nische, in der die Gipsbüste Anna Amalias auf einem hohen schmalen Podest steht. Das Podest enthält die Inschrift:
Einen Tempel, der nimmer zerfiele, suchten die Grazien und Musen: Sie fanden ihn in Amaliens Geist.
Dieses Denkmal wirkt wie eine unsichtbare Verbindung nach Weimar und kommt mir so vertraut vor. Spätestens jetzt hat einen ein ruhiges Seelenheil erfasst und man ist völlig im Sinn dieser Zeit verschmolzen.
Den Hügel abwärts blickt man durch die sich langsam färbenden Äste auf das Denkmal des Prinzen Leopold von Braunschweig, den Bruder der Herzogin Anna Amalia. Er ertrank bei der großen Oderflut 1785 in Frankfurt.
Der Sarkophag ruhte früher auf Felsenstücken, zwischen denen Wasser hervorquoll. Das Basrelief des Sarkophags trägt ein Relief, einen Adler, der der Sonne zufliegt, mit der Inschrift:
Der Adler besucht die Erde, doch säumt er nicht,
schüttelt vom Flügel den Staub und kehrt zur Sonne zurück.
Das Denkmal befand sich zur Entstehungszeit auf einem kleinen Hügel, der mit Blumen und Sträuchern bewachsen war; um den Hügel herum standen Erlen und alte Weiden, daneben befand sich ein Wasserfall. Heute steht er am Ufer der Röder kurz vor dem Röderwehr der Marienmühle.
Der Pfad führt weiter gerade aus, nun tritt man wieder auf eine Lichtung die mit Farnen und Brombeergestrüpp überwachsen ist.
Hier steht Lauras Denkmal. Es besteht aus einem etwa 2 Meter hohen Säulenstumpf toskanischer Ordnung auf einem quaderförmigen Podest. Der Stumpf greift das Thema der künstlichen Ruine auf. Ein zeitgenössischer Kupferstich zeigt an dem Säulenstumpf ein Oval und Schmuck aus Blumengirlanden. In das Oval ist der Name Laura eingemeißelt, die Blumengirlanden sind heute so nicht mehr vorhanden. Die angrenzende Wiese wird als Laurawiese bezeichnet.
Nun führt der Weg wieder über eine Brücke, wenn man Glück hat kann man hier Eisvögel beobachten. Wir wenden uns nach Rechts und folgen den Weg zu unserer letzten Station dieses Spazierganges.
Deer Altar der Wahrheit
Ein zeitgenössischer Kupferstich zeigt ein gemauertes Podest, das von sehr großen groben Steinen umgeben ist und hinter dem ein junger Nadelbaum wächst. Am Podest ist eine ovale Tafel mit folgender Inschrift angebracht:
Wahrheit, göttliche Pflanze! Du vertreibst den Wahn der Meinungen, reinigst das Herz von Leidenschaften!
Links und rechts davon stehen Moosbänke.
Auch wenn schon einiges von dem damaligen Glanz des Tales verschwunden ist, so ist noch genug erghalten um einen guten Eindruck vom Fühelen und Denken der damaligen Zeit, das ausgehende 18. Jahrhundert und ihrer Erbauer zu bekommen.
Mich jedenfalls lässt dieser Ort nun nicht mehr los, zu viel gibt es noch zu dentdecken und zu jeder Jahreszeit wird dieses Tal einen anderen EIndruck machen.
Abschließen möchte ich mit dem Seifersdorfer Schloss und das Denkmal für Christiane von Brühl, welches sich im Schlosspark befindet.
Quellen:
Stapp Verlag Berlin - Führer druch das berühmte Seifersdorfer Tal - Auflage 2007
Wikipedia